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Nico Mares

Biographie

*1977 in Düsseldorf
2000–2009 Kunstakademie Münster, Meisterschüler Prof. Guillaume Bijl
2010–2014 Kunstakademie Düsseldorf, Meisterschüler Prof, Siegfried Anzinger
   
  Lebt und arbeitet in Düsseldorf

Einzelausstellungen

2016 Nico Mares – Farbe, Galerie LOOF, Jubbega (Niederlande)

Gruppenausstellungen

2017 Drawing Festival, Art District_P, Busan (Südkorea)
  Finish Starting, Art District_P, Busan (Südkorea)
  The void space and peacock tail , Leeyeonju Gallery, Busan (Südkorea)
  Nico Mares -The Berlin Show, Solo Show, THE ART SCOUTS Galerie, Berlin
  Nico Mares - nCloud, Solo Show, Galerie ART & SPACE, München
2016 Summer Group Show, Galerie Heinz Holtmann, Köln
  Die Grosse 2016 Museum Kunstpalast, Düsseldorf
  Abstract Strategies, Boeckercontemporary, Heidelberg
2015 Kunst für Obdach, Eon, Düsseldorf
  Abstract Strategies, Mirta Demare ruimte voor actuele kunst, Rotterdam, Niederlande
  summer group show Galerie Heinz Holtmann, Köln
  Abstract Strategies, Poiesis Spec, Berlin
  Abstract Strategies, Martina Kaiser Cologne Contemporary Art, Köln
  acht maler und Galerie Christine Hölz, Düsseldorf
  Die Grosse 2015 Museum Kunstpalast, Düsseldorf
  Abstract Strategies Galerie Schütte, Essen
2014 Abstract Strategies Kunstraum „Bespoke“ Düsseldorf
  Nico Mares, Galerie Kramer, Bremen
  Focus on young artists, Galerie Heinz Holtmann,Köln

Texte

Widersprüchliche Schönheiten aus erfolgsuchender Scheiterlust

Für gewöhnlich geht der Mensch in unserer Zeit arbeiten und ihm wird gesagt, was er zu tun hat, was zu tun ist. Vom letzten in der Kette bis hin zum/zur Vorsitzenden des Vorstands greift das „…Tun in Funktion von…“ Glied in Glied. Und dem Organ des Vorstands erteilen die Mitglieder des Organs der Aufsichtsrates und dem wiederum die Gesellschafter die Anweisungen, die ihrerseits volkswirtschaftliche oder globale Interessen als Movens ihrer Direktiven anführen. „Entfremdet“ kann man diese Art des Existierens nennen. Sie beinhaltet den realalltäglich unschätzbaren Vorteil, dass die profunde, den Menschen von anderen Lebewesen qualitativ unterscheidende, aber eben auch irritierende Existenzfrage sich im vorbestimmten Alltag kaum oder doch zumindest nur selten aufdrängt.

Gänzlich anders verhält es sich – zumindest potentiell – beim Künstler. Er wacht auf, und keiner gibt ihm vor, was zu tun ist. Er geht ins Atelier, und niemand sagt, was er zu veranstalten hat. Er steht vor der leeren Leinwand, und keine Order existiert, was zu malen sei. Er arbeitet, obwohl keine Auftragsbücher gefüllt sind – er schafft aus sich, er schöpft aus einer allein ihm eignenden Ressource heraus. Und so erinnert er uns „andere“ daran, was potentiell in uns west, was uns eingegeben ist, was allerdings nur allzu oft selbstgetötet verwest.

Die Mönche wurden in der mittelalterlichen Buchmalerei noch mit dem Heiligen Geist in Gestalt einer Taube dargestellt, die ihnen einflüstert, was sie niederzuschreiben haben. Markus Lüpertz stellt seinem Beethoven das Genie in den Rücken, das ihm, dem Menschen, die genialen, titanenhaften, also übermenschlichen Kompositionen eingibt. Und Sigmar Polkes fasste den gleichen Umstand in die Phrase: „Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen!“

Nico Mares umkämpft jeden Tag diese Alltagswidersprüchlichkeit des Künstlers. Und seine Bilder offenbaren, ja zelebrieren undsublimieren dies. Für ihn gibt es (noch) keinen Auftrag, kaum Markt und noch viel zu wenig Nachfrage… Lediglich die innere Motivation existiert - die, Bilder aus sich heraus zu malen; die, sich auszudrücken; die, sich mitzuteilen; die, etwas für uns fremdes zu tun; die, etwas gültiges zu tun; die, etwas über den Tag hinaus hervorzubringen: die, eine materiell simple Leinwand mit kaufbaren Farben zu überführen in ein Sein, das den Betrachter vergessen lässt, dass er nur vor einer bloßen Leinwand mit gebundenen Farbpigmenten sich befindet. Nico Mares schafft es mit jedem seiner von ihm als gültig angesehenen Werke, dass der Betrachter sich vor ein Bild gestellt findet, das ihm eine fremde, unbekannte, eben zwar ästhetisch gültige, aber noch zu erfahrene Welt vorstellt.

Und Nico Mares hebt diesen Verhalt zu einem seiner zentralen Motive. Jedem Bild von ihm ist sehend zu entbergen, dass er eine Bildidee hat, die er zu realisieren sucht. Jedem Bild eignet die Dimension, dass er eine innere Vorstellung hat, die er entäußert, um sie uns vorzustellen – jedem aber auch, dass seine Vorstellung in unserer Welt unerreichbar bleibt, sodass er uns immer „nur“ Näherungen zu erfahren gibt. Jedes Bild mithin kann als ein Etwas begriffen werden, das sich einem Kern nähern möchte, diesen aber wie ein Elektron im Niels Bohrschen Atommodel eben nie erreichen kann, weil die jeweiligen Energien unüberwindbare Distanzen gebieten.

Und das ist gut so. Denn wäre sich der Idee von Bild und Malerei faktisch durch Bilder und Malereien bis zur Nichtdistanz zu ihrer jeweiligen absoluten Idee zu nähern, wäre mithin der erstrebte Gipfel wirklich zu erklimmen, das wesenhaft sisyphotische Unternehmen der Kunst wäre beendet – das,  immer wieder Fragen zu stellen, zu denen Antworten bereits vorhanden sind, die aber als solche nicht erkannt, weil nicht erfragt werden. Folglich also ringt jeder Künstler weiter und weiter – und das wohl wissend, immer zu scheitern, es sei denn, er erkennt, dass sein jeweiliges Scheitern das letztendliche Ziel ist.

Sehen wir die Bilder von Nico Mares unter diesem Horizont, begreifen wir sie als jeweilige Frage nach zwar absoluten, folglich nicht bekannten Antworten, so stehen wir vor einer unendlich reichen Varianz an Fragen. Bestimmen Formen ein Bild oder Farben? Bedarf es einer Formidee oder gibt die Farbe die Form vor? Gibt es Formen ohne Farben und Farben ohne Formen? Sind es Formen gegen oder mit Formen, die Spannung oder Ausgewogenheit erwirken oder sind es Farben gegen oder mit Formen? Muss ein Bild ausponderiert sein oder eben gerade nicht, muss es finito wirken oder aperto….?????

Jedem Bild Nico Mares’ ist genau diese sichere Ratlosigkeit, diese Risikofreude oder aber auch Scheiterlast eingegeben. Jedes ist offen, weil es kein Abgeschlossen gibt. Jedes ist sowohl Farbe als auch Form und nie entweder Kolorit oder Gleichgewicht. Jedes ist abgebrochen finalisiert und zugleich unausgewogen ponderiert – jedes widersprüchlich schön!

Den Künstler findet man nicht selten ratlos sicher in seinem Atelier, zweifelnd bestätigt, erfolgreich scheiterfroh, klar unentschieden und zugleich entschieden wirr und rastlos ruhend. Diese Stimmungen sind jedem seiner Bilder zueigen und bestimmen ihre Präsenz und Qualität – eine Qualität an Innovationssucht, die leider nahezu allen entfremdet Existierenden fremd ist, weil sie die allpräsente Existenzfrage ignorieren oder verdrängen. Jedes Bild von Nico Mares aber stellt uns dieses Ignorieren und Verdrängen als Dilemma spiegelgleich vor – und gemahnt, in den Spiegel hineinzutreten, ohne ihn zu zerstören, gemahnt, das Dilemma eben als Dilemma zu erkennen, wohl wissend, es letztendlich nicht beGREIFEN zu können, weil es erfolgsuchende Scheiterlust voraussetzt, die wir uns nicht leisten zu können glauben. Nico Mares aber leistet sie sich – und stellt uns seine ge- und erschöpften Bilder als ästhetisch betörende Resultate vor!

Raimund Stecker