Robert Sturmhoevel
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Biographie
*1983 | Berlin |
2006–2014 | Kunsthochschule Kassel, Meisterschüler Prof. Johannes Spehr |
Lebt und arbeitet in Kassel |
Preise / Stipendien
2017 | Residenzstipendium Willinghausen der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen |
2015 | Kasseler Kunstpreis der Dr. Wolfgang Zippel Stiftung |
Einzelausstellungen
2019 | Hinterm Horizont, Evelyn Drewes | Galerie |
2018 | Hideout, Galerie Coucou, Kassel |
2017 | Hinterm Horizont, Kunsthalle Willinghausen |
Ausstellung Zum 45. Stipendium Künstlerkolonie Willingshausen, Kunsthalle Willingshausen | |
2016 | Memorabilia, Galerie Coucou, Kassel |
Peccadillo [Frame] Tales, Evelyn Drewes | Galerie, Hamburg | |
2015 | Kasseler Kunstpreis, Kunstverein Kassel |
2014 | Walk Down Memory Lane, Evelyn Drewes | Galerie, Berlin |
2013 | Fleet`n [Play] Yard, Evelyn Drewes | Galerie, Hamburg |
2012 | Vanity [Fun] Fair, Galerie Förster, Berlin |
Gruppenausstellungen
2020 | Nachts Allein Im Atelier #7, Evelyn Drewes | Galerie, Hamburg |
2019 | Samowar #9, Galerie Coucou, Kassel |
Nachts Allein im Atelier #6, Evelyn Drewes | Galerie, Hamburg | |
2018 | Salondergegenwart, Hamburg |
Vis à Vis, Barlach Halle K, Hamburg | |
Jubiläumsausstellung Der Dr. Wolfgang Zippel Stiftung, Kunstverein Kassel, Kassel | |
2017 | Samowar, Galerie Coucou, Kassel |
Nachts Allein Im Atelier IV, Evelyn Drewes | Galerie, Hamburg | |
2016 | Nachts Allein Im Atelier III, Evelyn Drewes | Galerie, Hamburg |
Samowar 2016, Galerie Coucou, Kassel | |
Ausstellung Zum Hessischen Medienpreis, Haus Der Kirche, Kassel | |
2015 | Nachts Allein Im Atelier, Evelyn Drewes | Galerie, Hamburg |
Samowar 2015, Galerie Coucou, Kassel | |
2014 | 6 Künstler - 6 Kunstakademien, Sparkasse Karlsruhe Ettlingen, Karlsruhe |
Ausstellung Der Dr. Wolfgang Zippel Stiftung, Kasseler Kunstverein, Kassel | |
Die Artothek Kassel – Eine Bestandsbesichtigung, Documenta – Halle, Kassel | |
Interventionen 2014, Regierungspräsidium, Kassel | |
2013 | Junge Positionen, Mit Evelyn Drewes | Galerie, Offenbach |
Kunstgenerator, Ausstellung Der Finalisten Zum Stipendium, Viersen | |
Vertikal, Kulturbahnhof Südflügel, Bbk, Kassel | |
2012 | Index 12, Kunsthaus Hamburg |
Made In Germany, With Galerie Popartpirat, London | |
2011 | Needful Things, Stellwerk, Kassel |
Interventionen 2011, Regierungspräsidium Kassel | |
Watchlist Scheinidyllen, Galerie Popartpirat, Hamburg | |
Nachts Allein Im Atelier, Galerie Popartpirat, Hamburg |
Texte
Harlekins, Modellflugzeuge, Zinnsoldaten
Versatzstücke kindlicher Bildwelten treffen in Robert Sturmhoevels Arbeiten auf Abgründiges. In seinen großformatigen Aquarellen und Leinwänden verdichtet der junge Berliner Maler Erinnertes und Erlebtes, Erfundenes und Erträumtes zu komplexen Erzählungen, die in ihrer Doppeldeutigkeit an ironische Landschaftsidyllen der Romantik erinnern.
Die Idylle erscheint hier nicht als ungebrochenes Ideal oder Gegenentwurf, sondern als überhöhte und gebrochene Idee, die Iidyllisches und Antiidyllisches verknüpft. So treten an die Stelle arkadischer Landschaften leerstehende Fabrikhallen, Abrisshäuser und heruntergekommene Jahrmarktbuden. Motive, die von Verfall, Zerstörung und dem Vergessen erzählen und die der Künstler als „Erinnerungsmomente“ beschreibt.
Als Vorlage für die Konstruktion seiner Bildräume dienen Robert Sturmhoevel Fotografien, eigene Fotografien, was wichtig ist, da sie stets mit einem Erlebnis, einer Idee verknüpft sind. „Erzählen die Bilder selbst bereits die ganze Geschichte, werden es Fotoarbeiten“, so der Künstler. Er sucht nach Leerstellen und Brüchen.
Die Räume, in denen sich die meist kindlichen Protagonisten bewegen, scheinen vertraut und bleiben doch unbestimmt. Sie entpuppen sich nicht selten als Collagen, in denen sich teils widersprüchliche Elemente überlagern: Wie in der Studie „Autoscooter 2“, in der die Kabine eines Fahrgeschäfts mitten in einem verfallenen Industriegebäude auftaucht und die Szene so, aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang gerissen, seltsam ort- und zeitlos erscheint.
Der Künstler verweist in diesem Zusammenhang auf den Begriff der „Heterotopien“, jene bei Foucault und Lefevbre beschriebenen „anderen Orte“, die u.a. durch „kulturelle Relevanz, funktionale Veränderbarkeit“ und die „Integration von Unvereinbarem“[1] gekennzeichnet sind. „Orte außerhalb aller Orte“[2], wie es bei Foucault heißt.
Eben diese Unvereinbarkeiten sind es, die sich wie ein roter Faden durch das bildnerische Schaffen des jungen Künstlers ziehen, das sich stets zwischen kindlicher Idylle und düsterer Hintergründigkeit, zwischen Kitsch und Abgründigkeit bewegt. Und sich so nicht zuletzt einer eindeutigen Lesart versucht zu verweigern.
Auch die Protagonisten in Robert Sturmhoevels Bildern entziehen sich häufig dem Blick des Betrachters – sie wenden ihr Gesicht ab, verstecken sich oder bleiben ganz in ihr unschuldiges (oder doch folgenreiches?) Spiel vertieft. Sie wirken abwesend, wie ausgesetzt. Und doch bilden sie den Dreh- und Angelpunkt einer Erzählung, die um so mehr Brüche aufzuweisen scheint, je mehr man versucht sich ihr zu nähern.
Muster zeichnen sich in den Arbeiten ab und über- oder unterlagern die Bildräume, wie Spuren einer freigelegten Tapete, wie Erinnerungen, im Auflösen begriffen.
Robert Sturmhoevel komponiert seine Bilder auf Grundlage eines Repertoires an Elementen, die er in einem klar umrissenen Arbeitsablauf entwirft, ausformuliert und – ein Begriff, den der Künstler oft verwendet, wenn er über seine Arbeiten spricht – „missbraucht“. Am Anfang dieses Prozesses stehen kleinformatige Zeichnungen, Skizzen, in denen das Vokabular der Erzählungen festgelegt wird, die in den Aquarellstudien und schließlich in den Leinwandarbeiten ausformuliert und fixiert werden.
Die aktuelle Serie von 50 kleinformatigen Leinwänden, die unter dem Titel „Zielscheiben“ einen Großteil der aktuellen Ausstellungen in Berlin, Hamburg und London einnehmen wird, nimmt in diesem Ablauf eine Sonderstellung ein. Anders als in den Großformaten stehen hier einzelne Elemente im Fokus: Luftballons, Wasserpistolen, Tapetenmuster, Farbschlieren.
Die „Zielscheiben“ werfen einen Blick auf die eigene Farbpalette, das eigene Formvokabular und deklinieren Möglichkeiten durch, einzelne Elemente zueinander in Bezug zu setzen. Im Bild. Aber auch zwischen den Bildern, in dem sie – je nach Hängung – in einen neuen Dialog gebracht werden können.
In ihnen tritt die Malerei in den Vordergrund, während die Narration sich in spontanen Gesten und Mustern aufzulösen beginnt. Ornament und Abstraktion gewinnen an Bedeutung. Abgründig bleibt es.
Kim André Schulz
[1] Beatrice von Bismarck, Hoffnungsträger - Foucault und de Certeau, in: Texte zur Kunst, Nr. 47, Berlin 2002.
[2] Michel Foucault, Andere Räume, in: Martin Wentz (Hg.), Stadt-Räume, Frankfurt/New York: 1991.
MEMORABILIA
Robert Sturmhoevel einzig als Maler der postmodernen Romantik zu bezeichnen wäre genauso verlockend und zugleich irreführend, wie sich von den glänzenden Oberflächen seiner Werke blenden zu lassen. Denn wenngleich die Verschmelzung von Traum und Wirklichkeit, die düstere Süße und Schönheit des Unbewussten in seinen Werkserien einen gewichtigen Platz einnehmen, kommen hierbei die "Mythen" nicht aus dem Mittelalter, sondern direkt aus seinem Umfeld. Vermeintlich persönliche Hintergründe sind die Basis für vordergründig unschuldigen Erzählungen, jedoch so konstruiert, dass der Betrachter ohne Mühen die Schatten eigener Erinnerungen darin sehen kann. Dadurch erzeugen die Narrationen seiner großen Szenerien und Bildserien stets eine beklemmende Stimmung und provozieren beim Betrachter eine seltsame Vertrautheit, aber auch Unsicherheit. Die Bildwelten Sturmhoevels scheinen fast "zu schön", um wahr zu sein.
In seiner neuen, kleinformatigen Edition der "Flecken" reizt Robert Sturmhoevel die Grenzen der Malerei aus, wiedersetzt sich der Banalität des Materials und löst die Farbe vom Bildträger, um ihr eine neue Haltung zu geben - ganz in der Schwebe zwischen Objekt und Fläche. In einem überlagerten und präzise unverklärten Zustand befindet sich auch das "Karussell". Ein aus der Traumwelt entrissenes Objekt, das eine scheinbar harte Landung in der Gegenwart hinter sich hat. Somit ein Beweis, dass auch die physische Welt vor der Gedächtnis- und Farbzersetzung Sturmhoevels nicht sicher ist. Die vorgetäuschte Täuschung dieses Fundstückes ist eine frühe und folgenschwere Entscheidung, die als Auftakt zu seinen späteren Narrazionen gesehen werden kann. So ist es ein sehr persönlicher Akt, wenn er Teile seines Atelierbodens und die darauf dokumentierten Arbeitsprozesse offen legt. In seiner neuen Werkserie "pieces" wird buchstäblich der Grund unter seinen Füßen zum pigmentverhafteten Zeuge und Tatort zugleich. Eine intime Einladung auf gemeinsame Spurensuche zu gehen.
In der aktuellen Ausstellung greifen alte und neue Erzählstränge ineinander und entführen den Betrachter hinter den Spiegel vermeintlicher Erinnerungen, ganz ohne diesen zu zerbrechen. Die für diese Ausstellung neu produzierte Werke sind durch ältere, aber für Sturmhoevels Schaffen wegweisende, Stücke ergänzt und geben den Besuchern der Galerie die Gelegenheit ganz unmittelbar Teil dieses "Memorabilia" zu werden.
Milen Krastev

Robert Sturmhoevel | Hinterm Horizont
Künstlerbuch
Hrsg. Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen
Auflage: 500
2018, 76 Seiten
Über die Galerie erhältlich