deen

Despoina Pagiota

Mending Time
von Luísa Telles, 2025

Was kann eine Hand? Zerreißen, zusammennähen, reparieren, neu schreiben. Despoina Pagiota lädt uns ein, die Leinwand als leeres Blatt zu betrachten, dessen Oberfläche durchstochen, geklebt und markiert werden kann und auf der sie ihre Handgesten hinterlässt. Sobald diese Geste das Bild entstehen lässt, werden wir eingeladen zu beobachten, wie die Künstlerin Werbung und Plakate aus Hamburg sowie Fragmente und Landschaften aus Trittau durch Malerei, Collage oder Näharbeit verarbeitet. Was hier die Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist die Wandlung der Materialien, aus denen sie ihre Bilder zusammensetzt. Despoinas Arbeiten, die zuvor aus alltäglichen Materialien gefertigt waren, wurden zu Materialien aus dem häuslichen Umfeld transformiert. Zwischen ausgeschnittenen Werbeplakaten und ihren verlorenen Sätzen, persönlichen Skizzenbüchern, genähten Fäden und festen Knoten kehrt sie vom Industriellen zurück zum Handgefertigten. Der Akt des Stickens verbindet hier Zeitfragmente, indem er Erinnerungen an ein Handwerk rekonstruiert, das nicht nur mit den Orten verbunden ist, an denen sie gelebt hat, sondern auch mit den generationsübergreifenden Spuren, die von den Frauen ihrer Familie in Thessaloniki eingearbeitet wurden. Durch die Wiederaneignung von Bildern aus Massenmedien, verwendet die Künstlerin entstellte (*) Plakate aus dem industriellen Arbeiterviertel Rothenburgsort, wobei sie diese glänzenden, manipulativen Marketingbilder mit Farbe kombiniert oder zu Collagen umgestaltet. Durch das Zerreißen, Überlagern und Übermalen von Massenwerbung wird dieses visuelle Rauschen – Werbetafeln, Plakate, Schrottplätze – von seiner visuellen Sättigung auf reine, kontemplative, reparierte Teile reduziert. Wenn man die Plakate auf ihre ursprüngliche Form, eine weiße Leinwand, zurückführt, sieht man in einigen der Bilder nur einen Rahmen, der keine Aussage trägt. Vielmehr ist der leere Rahmen nun die Botschaft, wobei die Künstlerin uns nur ein paar Falten, Texturen, Klebereste oder dickes Papier hinterlässt. Ein Schnörkel aus einer Eiscreme-Werbung, Rasterpunkte von einem Filmplakat, eine himmelblaue Rückseite - all das wird zu Despoinas Untergrund, genau wie eine Grundierung auf der Leinwand. Sind also wir, die Betrachter, diejenigen, die außerhalb des Rahmens stehen? Zwischen Leere und Einsamkeit, zwischen Ankommen und Aufbruch, segeln diese Arbeiten zwischen ruhigen Tauchgängen und stürmischen Tagen. Mit einem Finger, der nach Veränderung verlangt, und einer Hand, die heilen will, zeigt uns die Ausstellung die Sehnsucht der Künstlerin, ihren Zwischenraum und ihren Zauber, ob in den Docks der Elbe oder in den salzigen Gewässern des Mittelmeeres.

 

Despoina Pagiota (*1994) wuchs in Griechenland auf. Sie studierte an der HfbK Hamburg und schloss ihr Studium 2 2021 mit einem Master of Fine Arts ab. In den letzten Jahren wurde sie von der Kunststiftung Christa und Nikolaus Schües, der Stavros Niarchos Stiftung, Sparkassen-Kulturstiftung Stormarn, u.a. ausgezeichnet.

(*) Es gibt eine lange künstlerische Tradition, sich Werbung anzueignen und sie in Kunst zu verwandeln. Um einige 3 Beispiele aus dem globalen Norden zu nennen, kann man an die Praxis der Affichistes, des Nouveau Réalisme und der Pop Art erinnern. Zum Beispiel Richard Prince oder Barbara Kruger, Pagiota sammelt massenproduzierte Materialien, vor allem verwitterte Werbeplakate, und kontextualisiert sie im Rahmen von Malerei und Collage neu.

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